Mikrokosmos Aquarium

19.01.2018
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Mikrokosmos Aquarium

Wenn wir so vor unseren heiß geliebten Unterwasserwelten sitzen und dem bunten Treiben unserer fischigen oder wirbellosen Freunde zuschauen, uns an unserem Unterwassergarten erfreuen, offenbart sich unseren Augen nur ein kleiner Teil der ganzen Kulisse. Dahinter steckt noch viel mehr, Kleinstlebewesen oder Mikroorganismen, quasi der Mikrokosmos des Aquariums. Trotzdem wir sie nicht einfach sehen können, gibt es sie, und ohne sie geht gar nichts. Daher sollen diese Zeilen einen kleinen Einblick in diesen Bestandteil unseres Hobbys geben und die Sinne hierfür schärfen. Vor allem sollen die für uns wesentlichen Berührungspunkte aufgezeigt werden, denn wie bei allen Dingen, so gibt es auch hier zwei Seiten, eine Positive und eine Negative.

Unter dem Begriff Mikroorganismen verbergen sich im Allgemeinen die Bakterien, die Pilze und die Algen. Um sie sehen oder mit ihnen arbeiten zu können, stehen den Mikrobiologen heute unterschiedlichste Kultur-, Färbe-, Präparations- und Mikroskopietechniken zur Verfügung. Als ursprünglichste, älteste und auch kleinste Lebewesen bilden die Bakterien für sich eine eigene Welt, um die es hier auch hauptsächlich gehen soll. Einige von ihnen besitzen sogar Organe zur aktiven Fortbewegung, beispielsweise Geißeln. Sie kommen in den unterschiedlichsten Formen vor und liegen zumeist in einem Größenordnungsbereich von etwa 1-10 µm. Sie weisen ein riesig großes Anpassungsvermögen auf, können sich rasant vermehren (das kann in Größenordnungen von Minuten erfolgen) und kommen mit den unwirtlichsten Lebensbedingungen aus. Von den Algen und Pilzen unterscheidet sie neben der Größe ein wesentlicher Punkt, ihre Erbinformation ist nicht in einem eigenen Zellkern untergebracht. Als Kleinstlebewesen sind Algen und Pilze etwa 10-100 mal größer als ihre bakteriellen Mitbewerber. Auch hier finden wir die unterschiedlichsten Lebensformen und -anpassungen. Aber eines haben sie alle gemeinsam, sie sind allgegenwärtig!

Jeder kennt sicher den Umstand, wenn er ein Glas Wasser in die Fensterbank stellt, und sich nach einiger Zeit ein grüner Schleier aus Algen an der Glaswandung bildet. Gibt man noch einen Löffel Zucker hinzu, trübt sich das Wasser durch Bakterien meist nach einiger Zeit ein. Der beste Beleg des Vorhandenseins unserer kleinen Freunde, sie haben günstige Lebensbedingungen angetroffen und sind munter gewachsen. Viele der Tierchen sind auch in der Lage, beispielsweise durch Einkapselung Überdauerungsstadien zu bilden, um ungünstige Umweltbedingungen zu überstehen.

Was heißt das nun für uns in der Aquaristik?

Mikroorganismen begegnen uns an wesentlichen Berührungspunkten. Einen Hauptaspekt stellt die Filterung unseres Aquarienwassers dar, also die Kläranlage des Aquariums. Der entscheidende Filtereffekt besteht allerdings nicht darin, dass das Wasser durch den Filter läuft (unabhängig vom jeweiligen Filtertyp) und der „Dreck“ hierdurch entfernt wird. Nein, der kommt durch unsere unsichtbaren Freunde zustande, den Filterbakterien. Daher ist es in der Praxis eminent wichtig einen Filter einzufahren, dass sich eine Bakterienflora ausbildet. Dieses erfolgt automatisch und meist reichen 1-3 Wochen hierfür aus. Zur Beschleunigung kann man noch etwas Mulm aus einem eingefahrenen, Aquarienfilter hinzugeben. Der Fachhandel bietet hier auch Produkte an, mit denen man sein Glück probieren kann aber nicht muss. Jetzt soll aber ein wichtiger Hinweis nicht unterschlagen werden. Ein Filter kann sich mit der Zeit zusetzen, was seine Leistung mindert. Spätestens dann ist es Zeit, den Filter zu reinigen. Dies sollte so geschehen, dass der Filter nicht sterilisiert wird, sondern eine grobe mechanische Reinigung mit handwarmem Wasser erfolgt. Dann kann wieder hinreichend Wasser hindurchströmen, und die Bakterienflora bleibt ausreichend vorhanden und kann umgehend wieder ihre Filterarbeit aufnehmen.

Was machen nun diese Bakterien. Sie leben von den ins Wasser gelangten Stoffen. Das sind weitgehend die Ausscheidungsstoffe der Fische oder absterbende Pflanzenbestandteile. Diese bauen die Bakterien zu Wasser und Kohlendioxid ab. Solche Stoffe enthalten aber auch Stickstoffbestandteile, die von zwei unterschiedlichen Bakteriengruppen über zwei Stufen vom Ammonium zum Nitrit und dann weiter zum Nitrat umgesetzt werden. Wichtig ist, dass diese Kaskade funktionstüchtig bleibt. Wird der zweite Schritt nämlich unterbrochen, reichert sich Nitrit an. Dieses ist sehr fischgiftig und hat schon manche Ausfälle bei unseren Pfleglingen verursacht. Daher sind ein funktionstüchtiger Filter und eine gute Luftversorgung eminent wichtig. Aber auch das Nitrat reichert sich an. Ab einer Konzentration von 50 mg/l ist es für die eine oder andere Fisch- oder Pflanzenart abträglich. Ich konnte dieses einmal durch ein regelrechtes Zerfallen eines Cabomba-Bestandes erleben. Daher empfiehlt es sich im Allgemeinen, die Nitratbelastung regelmäßig durch einen Wasserwechsel zu beseitigen. Das Thema Wasserwechsel ist an anderer Stelle im Fishlight schon hinreichend behandelt worden.

Nicht nur chemische Inhaltsstoffe reichern sich im Wasser an. Auch unsere kleinen Freunde neigen hierzu. Das Wasser kann im Extremfall milchig werden, was wie oben beschrieben eine bakterielle Ursache haben kann. Das lässt sich etwa bei einer Organismenkonzentration ab 1 Mio. Keime /mL beobachten. Treten nun erhöhte Bakterienkonzentrationen auf, kann dies für einzelne Fischarten ein eminenter Streßfaktor werden. Dieser führt dann im Extremfall zu Todesfällen. Häufig sind es die, wo sich keine eindeutige Ursache erkennen lässt. Grüne Eintrübungen sind auf Algen (häufig Grünalgen) zurückzuführen und kommen gerade bei erhöhten Nitrat- oder Phosphat-Konzentrationen vor. Es können aber auch richtige schmierige Belege auftreten, wo häufig Blaualgen als Übeltäter auftreten. Bei ihnen handelt sich im Sinne des Wortes aber nicht um Algen, sondern sie gehören ins Umfeld der Bakterien, der Cyano- oder Blaugrünbakterien. Für die beschriebenen Fälle ist ebenfalls der vorgenannte Wasserwechsel das probate Mittel zur Abhilfe.

Unsere Mikroorganismen treten nun in einem weiteren Punkt als wichtige Akteure auf. Sie können als Krankheitserreger unserem Hobby sehr zusetzen. Hier zu sehr ins Detail zu gehen, sprengt den Rahmen dieses Artikels. Es empfiehlt sich, unsere Unterwasserbewohner regelmäßig zu beobachten. Beim Auftreten von Auffälligkeiten (Veränderungen des Verhaltens, äußerliche Veränderungen etc.) gibt es zahlreiche Fachliteratur, die gute Hinweise für Abhilfe bietet. Rat lässt sich jederzeit auch in einem Aquarienverein und im guten Fachhandel einholen. Der Einsatz von Medikamenten sollte möglichst gezielt und unter strengster Beachtung der Beipackzettel erfolgen. Es gibt halt Wirkstoffe in einzelnen Medikamenten, die dies unabdingbar machen. Ich möchte in diesem Zusammenhang jedoch auf eine Empfehlung kommen. Weisen Fische mechanische Verletzungen auf, bietet dies hervorragende Lebensbedingungen für Pilze oder Bakterien. Insbesondere tritt hier Schimmelpilz auf, der leicht als feines fädiges Geflecht erkennbar ist. Hier sollte den betroffenen Tieren unbedingt medikamentös geholfen werden. Pilze haben oft die Eigenschaft, neben der schmarotzenden Zersetzung des Körpergewebes ihres Wirtes auch Giftstoffe abzugeben. Dies kann mit tödlichen Folgen für die betroffenen Wirtstiere ausgehen.

Gerade in Krankheitsfällen ist sauberes Arbeiten unbedingt erforderlich. Betreibt man mehrere Aquarien, müssen ein Verschleppen der Keime und eine Verbreitung der Krankheit vermieden werden. Dann sollte man doch einmal mehr zwischendurch die Hände waschen und beispielsweise ein Auskochen von Werkzeugen, Keschern usw. in Erwägung ziehen. Im Gegensatz zum Thema Filtern ist hier sauberes und möglichst steriles Arbeiten notwendig.

In meiner langjährigen Aquarienpraxis mit ostafrikanischen Cichliden aus dem Tanganyika- und dem Malawisee ist mir auch der Umstand begegnet, dass manche Nachzuchttiere durch den Einsatz von Ozon unter keimarmen Bedingungen nachgezüchtet wurden. Ozon ist als stark oxidierendes Mittel ein technisch gutes Einsatzmittel, um Jungfischen einen zu starken Stress durch überhöhte Keimkonzentrationen zu ersparen. Hieraus ergibt sich allerdings ein Nachteil. Werden die Tiere nun abrupt in ein Becken ohne Ozonbehandlung überführt, kann ein nun vergleichsweise hoher Keimdruck wie ein Keulenschlag die Tiere treffen und auch Ausfälle bewirken. Dies sollte im Einzelfall erfragt werden. Die Tiere müssen dann langsam umgewöhnt werden.

Es heißt zwar immer so schön, „big brother is watching you“, aber unsere kleinen, unscheinbaren Freunde sind irgendwie doch am längeren Hebel.

Bakterien – Färbepräparat im Mikroskop

Bakterien – Nährbodenkultur

Bakterien – Nährbodenkultur

Eckhard Fischer, Aquarienverein Hildesheim

Bakterien – Mikroskopische Phasenkontrastaufnahme

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