Herkunft Aquarienpflanzen

21.01.2018
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Wo kommen unsere Aquarienpflanzen her – ein Blick hinter die Kulissen

Wenn wir Aquarianer uns auf den Weg in eine der gut sortierten Aquarienfachhandlungen machen, vor den sattgrünen Pflanzen der dortigen Verkaufs- und Schaubecken stehen, vielleicht sogar etwas von dem Grün zur Bepflanzung unserer Aquarien erstanden haben, mag sich der eine oder andere schon so seine Gedanken über deren Herkunft gemacht haben. Doch wie sieht es denn in der Realität tatsächlich aus.

Hinsichtlich ihrer natürlichen Herkunft stammen die Pflanzen für unsere Aquarien aus allen tropischen und subtropischen Gebieten der Erde, teilweise sogar aus den gemäßigten Bereichen unseres Planeten. Nun möchte ich gleich den aufkeimenden Verdacht entkräften, dass die Verkaufsware bei den Fachhandlungen Pflanzen aus Naturentnahmen seien. Das lässt sich mit einem kategorischen Nein beantworten. Vielmehr stammt das Pflanzensortiment für unsere Aquarien aus Gärtnereien, die sich auf die Kultur und Vermehrung von Wasser- und Sumpfpflanzen (Aquarienpflanzen) spezialisiert haben. Naturentnahmen spielen für die Gärtnereien insofern nur eine Rolle, wenn neue Pflanzenarten entdeckt werden oder vielleicht eine Auffrischung des Kulturmaterials gewünscht ist. Das ist und bleibt aber in der Masse sowie für den Handel selbst völlig unbedeutend! Wie kommen nun die riesigen Pflanzenmengen zusammen? Auch diese Frage ist schnell zu beantworten: Durch die Vermehrung in den einzelnen Gärtnereien. Als Produktionshochburgen können hier der EU-Raum (Deutschland, Spanien, Niederlande, Dänemark, Ungarn) und Südostasien (Singapur, Thailand, Malaysia) genannt werden.

Zunächst müssen die Pflanzen jedoch vermehrt werden, wofür unterschiedliche Techniken eingesetzt werden. Aus wirtschaftlichen Erwägungen hinsichtlich der erzielbaren Mengen erfolgt das zumeist auf vegetativem (ungeschlechtlichem) Wege. Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ein Weg ist die Abtrennung der Tochtersprosse von Mutterpflanzen (z. B. bei Echinodoren) oder Abtrennung von Jungpflanzen aus Seitentrieben (z.B. Valisnerien). Viele Farne entwickeln auf ihren Blattunterseiten zahlreiche Jungpflanzen, die gleich zur Weiterkultur eingesetzt werden können (z.B. bei Java- und Sumatrafarnen). Bei vielen Stecklingspflanzen werden einfach Teile des Sprosses abgeschnitten und können sofort weiter kultiviert werden (z.B. Hygrophila oder Ludwigien). Viele Pflanzen bilden Rhizome (Wurzelstöcke), die getrennt und zu neuen Pflanzen kultiviert werden können (z.B. Anubien und Javafarne). Viele dieser Methoden sind selbst uns Aquarianern ja im heimischen Bereich nicht unbekannt. In den letzten Jahren hat zunehmend der Weg der Meristemvermehrung an Bedeutung gewonnen. Es handelt sich zwar um eine Methode aus dem Labor, aber um keine Hexerei. Hierzu werden kleinste Gewebestückchen von Pflanzen, deren Zellen hohes Teilungspotential (Wachstumspotential) besitzen auf ein Nährmedium gebracht und ankultiviert. Wichtig ist hierbei ein sauberes steriles Vorgehen zur Vermeidung von Verunreinigungen durch schädliche Pilze oder Bakterien. Haben die neuen Pflanzen eine gewisse Größe erreicht, können sie gut in die Gärtnereikultur überführt werden. Dieses Verfahren konnte mittlerweile so perfektioniert werden, dass hierüber bedeutende Pflanzenmassen erzielt werden.

Der generative (geschlechtliche) Vermehrungsweg ist dagegen zumeist von untergeordneter Bedeutung. Durch Befruchtung der weiblichen Blüten (Bestäubung) werden Samen (Früchte) produziert, die dann ankultiviert werden können. Im Verhältnis zu den vegetativen Methoden ist dieser Weg aber aufwändiger. Er bleibt aber der grundsätzliche Weg bei der Kreuzung von Pflanzenarten zur Zucht von neuen Pflanzensorten, wie es z.B. bei Echinodoren oder Cryptocorynen angewendet wird, die dann weiter vermehrt und kultiviert werden können.

Für die Anzucht und Kultur von Jungpflanzen lassen sich nun grundsätzlich emerse (über Wasser) und submerse (unter Wasser) Techniken unterscheiden. Emerse Techniken werden weitgehend für Sumpfpflanzen (z.B. Anubias, Javafarn oder Cryptocorynen) eingesetzt, submerse Techniken für reine Wasserpflanzen (z.B. Cabomba oder Valisnerien). Emers kommen in der Regel Kulturbeete oder Kulturtische in Gewächshäusern zum Einsatz. Diese werden über einen Kreislauf mit Wasser versorgt, worüber den Pflanzen die erforderlichen Dünge- und Nährstoffe zugeführt werden können. Die Gewächshäuser selbst verfügen über mannigfaltige Beregnungs- und Befeuchtungstechniken, sowie unterschiedliche Beleuchtungs- oder Heizungstechniken zur Erzielung unterschiedlicher Luftfeuchte-, Klima- Temperatur-und Lichtverhältnisse. Für den submersen Weg werden Kulturteiche und –bassins und sogar Aquarien eingesetzt, die selbst auch in Gewächshäusern untergebracht sein können. Auch diese sind zumeist in einen Wasserkreislauf für die Versorgung der Pflanzen mit Dünge- und Nährstoffen eingebunden. Welche Düngemittel oder Nährstoffzusammensetzungen und –mengen bei den einzelnen Gärtnereien für die erfolgreiche Pflanzenkultur zum Einsatz kommen bleibt meist verständlicherweise ein Betriebsgeheimnis. Aber die Historie zeigt ja, dass zahlreiche Aquarianer auch ohne Kenntnis dieser Betriebsgeheimnisse erfolgreiche Pflanzenkulturen im Aquarium erzielen.

Zur Vorbereitung für den Verkauf werden die Pflanzen häufig in Kulturtöpfe umgesetzt. Diese enthalten zumeist durchlässige Mineralwolle oder auch Schaumstoff als Wurzelsubstrat. Für „Aufsitzerpflanzen“ (z.B. für Anubien) werden häufig Wurzeln oder Vulkangestein als Substrat gewählt. Wenn die Pflanzen in ihren Kulturbereichen nun die endgültige Verkaufsgröße erreicht haben, erfolgt die Vorbereitung für den Vertrieb. Emers gehaltene Aquarienpflanzen werden zur Qualitätssicherung und Anpassung an die reinen Aquarienverhältnisse häufig vor dem Verkauf eine Zeit lang unter Wasser gehalten, da sie sonst meistens nach Bezug ihres neuen Standortes unter der Wasserlinie im Aquarium die Blätter abwerfen. Der Verkauf erfolgt nun über die Gärtnereien direkt oder über Großhändler an die einzelnen Fachhändler, wo wir quasi wieder am Anfang des Artikels stehen.

Eckhard Fischer, Aquarienverein Hildesheim

Gewächshäuser der früheren Gärtnerei Las Lucanas / Teneriffa

Kulturtische in der früheren Gärtnerei Gopp, Aschaffenburg

Mutterpflanze Echinodorus paniculatus, frühere Gärtnerei Las Lucanas, Teneriffa

Packstation frühere Gärtnerei Las Lucanas, Teneriffa

Pflanzenanlage Aquaristikhandel Deutschland

Submerskultur frühere Gärtnerei Gopp, Aschaffenburg

Kulturbassins Valisneria gigantea, frühere Gärtnerei Las Lucanas, Teneriffa

Emerse Kulturbeete, frühere Gärtnerei Las Lucanas, Teneriffa

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